© Foto: Tom Haller

Heute rühmt sich niemand mehr, wenn über die Stadtentwicklung in Zürich-West gesprochen wird. Seit 15 Jahren lebt meine Familie und ich in Zürich-West in der Genossenschaftssiedlung Kraftwerk1. Die Entwickung des Quartiers in dieser Zeit war rasant und es ist noch nicht vorbei. Die letzten nicht überbauten Flächen stehen zur Disposition. Auf dem Hardturm-Areal sollen ein Stadion, eine Genossenschaftssiedlung und zwei Türme, welche das Stadion finanzieren soll, gebaut werden.

In Zürich-West hat es sich exemplarisch gezeigt, was passiert, wenn Investoren mit dem Ziel kommen, eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, aber wenig Interesse an einer nachhaltigen Stadtentwicklung haben und die Stadt dabei mehr oder weniger tatenlos zuschaut. Viele teure Wohnungen sind entstanden, welche heute teilweise leer stehen. Viele grosse Wohnungen sind entstanden, welche von sehr wenigen Personen bewohnt werden. Rund um die neuen Gebäuden ist nicht viel Leben. Das Bürohaus Orion wird nach 27 Jahren abgebrochen, damit ein neues Bürohaus mit schöneren und besser vermietbaren Büros entstehen kann. Und das Schulhaus muss nun dort gebaut werden, wo es noch Platz hat, an der stark befahrenen Pfingstweidstrasse und auf der falschen Strassenseite.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass seitens der Stadt der Handlungsspielraum in Zürich-West nicht wahrgenommen wurde. Die Investoren haben viel Geld verdient, der Stadt bleibt die Aufgabe, die notwendige Infrastruktur zu finanzieren.

Das Bevölkerungswachstum der Stadt Zürich bei gleichbleibender Fläche muss dazu führen, dass die Entwicklung und die Verdichtung der einzelnen Quartieren sehr viel sorgfältiger und nachhaltiger geplant werden muss. 80’000 neue EinwohnerInnen bis ins Jahr 2040, das fordert der Kanton gemäss seinen neuesten Wachstumsprognosen. Damit soll die Zersiedelung gestoppt und eine Verdichtung nach innen vorangetrieben werden. Dies stellt die Stadt aber vor hohe Herausforderungen, da vielfältige Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Die Stadt muss nun endlich die Privaten in die Pflicht nehmen – die Zeiten als die Privaten die Renditen machten und die Stadt sich um die teure Infrastruktur kümmerte, sind damit definitiv vorbei.

WOZ Nr. 37 vom 16. September 2010, Zürcher Stadtentwicklung, Reich bleiben und schweigen von Kaspar Surber

Forderungen:

  • Verdichten innerhalb der eingezonten Flächen
  • mehr Freiräume schaffen
  • Grünräume schaffen, erhalten und schützen
  • Einbezug und Mitsprache der Bevölkerung
  • Wachstum sozial- und umweltverträglich gestalten
  • mehr gemeinnützige, d.h. bezahlbare Wohnungen
  • Verdichtung muss den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft entsprechen
  • Mehrwertabschöpfung, damit die öffentliche Infrastruktur finanziert werden kann